Verantwortung für Produkte bleibt in erster Linie bei den Herstellern

Seit vielen Jahren regelt die PSA-Richtlinie die grundlegenden Sicherheitsanforderungen an PSA sowie die Bedingungen für das Inverkehrbringen selbiger. Mitte Juni tagte in Bonn der "Beraterkreis PSA", um über eine bevorstehende Revision der Richtlinie zu beraten. Thomas Lange, Geschäftsführer des GermanFashion Modeverband Deutschland e.V. und innerhalb des Verbandes Geschäftsführer der BESPO-Gruppe, vertritt die Hersteller von Berufsbekleidung in dem Beratungsgremium. TH sprach mit Lange über sich abzeichnende, künftige Änderungen der Richtlinie und deren Auswirkungen auf die Branche.

Thomas Lange: "Wir wünschen uns eine schärfere Abgrenzung zwischen echter Schutzbekleidung mit Reflexstreifen und Bekleidung, an denen Reflexstreifen eher als modisches Accessoire zu bewerten sind"Bildquelle: GermanFashion

TH: Seit der Einführung der noch gültigen PSA-Richtlinie 89/686/EWG im Jahr 1989 ist schon einige Zeit ins Land gegangen. Gibt es aus Sicht der Berufsbekleidungsindustrie gute Gründe für eine Revision der Richtlinie?

Lange: Die PSA-Richtlinie ist nach über 20 Jahren auf dem Prüfstand, was auch aus unserer Sicht gut und notwendig ist. In dieser Zeit hat sich die Branche deutlich weiterentwickelt und es bedarf einer Anpassung sowie einer Integration der zwischenzeitlich gemachten Erfahrungen.

Die Richtlinie wurde bereits in einen Verordnungsentwurf umgesetzt, der aktuell im Parlament diskutiert wird.

Neben einigen Änderungen gibt es vor allem zwei Punkte, auf die wir als Verband Einfluss nehmen möchten.

1. Thematik Reflexstreifen: Wir wünschen uns eine schärfere Abgrenzung zwischen echter Schutzbekleidung mit Reflexstreifen (z.B. für Arbeiten im laufenden Straßen- und Autobahnverkehr) und Bekleidung, an denen Reflexstreifen sicherlich sinnvoll sind, jedoch eher als modisches Accessoire zu bewerten sind (z.B. an Jacken). Sonst würden sämtliche Jacken als PSA gelten, die zertifiziert werden müsste, was zeitlich und auch finanziell nicht im Sinne der Verbraucher ist.

2. Thematik Herstellerinformation: Aufgrund der wachsenden Exporte in alle Länder dieser Welt werden die Anforderungen an Sprache immer umfangreicher und es ist viel bürokratischer Aufwand nötig. Wir wünschen uns, dass die gesamten Herstellerinformationen online abrufbar sind und dass die wichtigsten Erstinformationen für den Anwender der PSA direkt beigefügt werden. Wir bewerten dies auch als Anpassung an die heutzutage gängigen Kommunikationswege.

TH: In einem derzeit vorliegenden Richtlinien-Entwurf werden erstmals „Verpflichtungen der Händler“ aufgelistet. Danach werden sie u.a. verpflichtet sein, Konformitätserklärungen der Hersteller beim Verkauf der Produkte beizufügen. Außerdem sollen Händler, wenn nötig, auch für Rückrufe zuständig sein. Wie bewerten Sie diese Vorschläge?

Lange: Die Verantwortung für die Produkte liegt in erster Linie bei den Herstellern und bleibt auch bei diesen. Die Verordnung nimmt nur bestimmte Aspekte auf, die bereits in anderen, wichtigen Richtlinien geregelt sind, bei denen der Händler nicht die volle Verantwortung übernimmt, auch wenn er das Produkt bereit stellt und in den Verkauf bringt. Der Händler selbst hat beispielsweise zu prüfen, ob das CE Kennzeichen vorhanden und korrekt ist oder ob die Herstellerinformation vorliegt.

Er übernimmt nur dann die volle Verantwortung, wenn er auch wie ein Hersteller fungiert („Quasi-Hersteller“). Aber diese in der PSA-Verordnung genannte Verpflichtung der Händler ergibt sich schon heute aus dem Produktsicherheitsgesetz.

TH: Zeichnen sich nach Ihrer Einschätzung Entwicklungen ab, die den Berufsbekleidungsherstellern größere Veränderungen abverlangen, die u.U. auch auf den Fachhandel Auswirkungen haben?

Lange: Auch wenn PSA ein vergleichsweise beratungsintensives Produkt ist, so sehe ich trotzdem den Onlinehandel der Hersteller als eine Herausforderung für die Händler. Wie bei sehr vielen großen deutschen Modemarken, die im Internet ihre Ware verkaufen und damit nicht jeden Händler erfreuen, wird sich auch der PSA-Fachhandel dieser Aufgabe stellen müssen.

Das nächste Thema unserer Zeit ist die Nachhaltigkeit. Zwar haben wir es bei der PSA nicht gerade mit „Wegwerfklamotten“ zu tun, die unter manchmal schwierigen Bedingungen in Bangladesch hergestellt werden, doch auch unsere Branche muss sich ihre textile Kette genau ansehen.

Letzter Punkt ist die immer mehr am Markt geforderte sogenannte „Multifunktionalität“, sprich das ein Produkt gleich mehrere Schutzfunktionen aufweist, was manchmal etwas schwierig in der Umsetzung ist.

TH: Wann rechnen Sie damit, dass die neue PSA-Richtlinie Inkrafttreten wird?

Lange: Das wird sicher noch einige Jahre dauern, da es bei solchen Gesetzesänderungen auch immer eine längere Übergangsfrist gibt, bei der die alte Richtlinie noch Gültigkeit besitzt.

www.germanfashion.net

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