Barbara Lehnert-Bauckhage sieht in der Übernahme von Otter Schutz durch Honeywell für den Handel mehr Chancen als Risiken
TH: Wofür steht Honeywell in Deutschland im Arbeitsschutz?
Lehnert-Bauckhage: Honeywell ist ein global aufgestellter Technologie-Konzern, der mit weltweit 132.000 Mitarbeitern zu den Fortune 100 und damit zu den größten US-amerikanischen Unternehmen gehört. Deutschland ist einer der wichtigsten Absatzmärkte für Honeywell Safety Products. Die Verbindung globaler Unternehmensstrategien und Philosophien mit regionalen Erfordernissen ist wesentlicher Bestandteil der Unternehmenspolitik. Honeywell Safety Products kennt die Bedürfnisse von Sicherheitsfachkräften in Deutschland und bietet Lösungen zur optimalen Umgestaltung des Arbeitsumfelds. Mit 50 Jahren Erfahrung und Expertise unterstützen wir Sicherheitsfachkräfte nachhaltig dabei, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der die Mitarbeiter selbstständig sicherere Entscheidungen treffen.
Der deutsche Markt profitiert auch vom weltweiten Netzwerk aus Forschungs- und Entwicklungszentren von Honeywell. Dabei können wir Erfahrungswerte mit neuen Technologien aus allen Regionen der Welt nutzen, um innovative Lösungen zu entwickeln. So war es eine besondere Freude für uns, dass unsere Fachkompetenz mit der Auszeichnung von sechs neuen Produkten durch das unabhängige Gremium der A+A Messe Ende 2013 Anerkennung fand.
TH: Im Bereich Arbeitsschutz repräsentieren zahlreiche Marken die Honeywell-Gruppe. Warum gibt es heute noch so viele Marken, teilweise sogar mit ähnlichen Produktsegmenten?
Lehnert-Bauckhage: Honeywell hat im Bereich Safety Products eine langfristig angelegte Strategie. Auch dank der Akquisitionen der vergangenen Jahre konnte Honeywell zu einem der führenden Anbieter von PSA von Kopf bis Fuß weltweit werden. Zu Honeywell gehören einige etablierte Marken, die regional unterschiedlich bekannt sind. Otter ist z.B. traditionell eine sehr starke Marke in Deutschland, Österreich und Schweiz sowie teilweise in Skandinavien und Benelux. In Frankreich hingegen ist Otter weitgehend unbekannt. Honeywell verfolgt eine klare Markenstrategie in der Kombination der Leitmarke Honeywell mit anderen erstklassigen Marken, die regionale und produktspezifische Kompetenz untermauern.
TH: Die Akquisitionen verfolgten also in erster Linie das Ziel, auf allen wichtigen Märkten mit einer starken Präsenz vertreten zu sein?
Lehnert-Bauckhage: Honeywell ist ganz klar global ausgerichtet. Die Akquisitionen haben die Zielrichtung, einer der weltweit führenden Anbieter von PSA zu werden, unterstützt. Aber unser primäres Ziel ist, durch ein „Kopf bis Fuß“-Herangehen, innovative Technologien und globale Reichweite Sicherheitsbeauftragte optimal zu unterstützen, sowie ihnen passende Lösungen und nicht nur einzelne Produkte zur Verfügung zu stellen. Wir bieten derzeit das umfangreichste Portfolio führender Sicherheitslösungen auf dem Markt. Damit geben wir Anwendern auch den Vorteil, alle benötigten Produkte aus einer Hand beziehen zu können, die bereits perfekt aufeinander abgestimmt sind. Der Technische Handel ist bei der Umsetzung dieser Strategie ein wichtiges Bindeglied zwischen Honeywell und dem Endverbraucher.
TH: Gibt es Überlegungen, einzelne Produktsegmente unter jeweils einer starken Marke zusammenzufassen?
Lehnert-Bauckhage: Die Frage beschäftigt uns bei Honeywell Safety Products immer wieder. Die Wertstellung einzelner Marken in den Regionen ist ein wichtiger Aspekt in den Strategieüberlegungen. Nicht zwangsläufig heißt alles künftig Honeywell. Otter operiert als „Endorsed Brand“ unter „Otter by Honeywell“. Gleichwohl hat Honeywell mit Otter auch ein Unternehmen erworben, mit dem Interesse, die Werte die dahinter stehen, zu nutzen und zu pflegen.
TH: Passt Otter gut zu Honeywell?
Lehnert-Bauckhage: Otter passt exzellent zur Philosophie von Honeywell. Als Technologiekonzern stehen Innovationen im Mittelpunkt, denen sich Otter immer verschrieben hat. Otter ist eine Premiummarke im Bereich Sicherheitsschuhe. Wir befassen uns nicht mit Beliebigkeit, sondern sind immer bestrebt, gezielt besonderen Kundennutzen umzusetzen und haben uns deshalb Innovationen verschrieben. Folglich passt das Image der Marke Otter hervorragend zu Honeywell.
TH: Inwieweit musste sich Otter hinsichtlich der Unternehmenskultur verändern, um gut in den Honeywell-Konzern eingegliedert zu sein? Oder konnten Sie so selbstbewusst sein, zu sagen: „Wir sind Teil von Honeywell, aber nach wie vor mit unseren eigenen Stärken präsent“?
Lehnert-Bauckhage: Natürlich zieht jede Akquisition organisatorische Veränderungen nach sich. In den letzten zwei Jahren hat sich diesbezüglich bei uns viel getan. Die Mitarbeiter wurden aktiv in den Integrationsprozess einbezogen. Ein derartiger Prozess benötigt aber immer auch genügend Zeit – aber wir sind auf einem guten Weg.
Ich kann mich gut erinnern, als die Übernahme bekannt wurde, dass Ängste im Markt geäußert wurden, wir würden künftig nicht mehr mit der hohen Qualität und Verfügbarkeit liefern können. Doch heute bestätigen uns unsere Kunden, dass diese Befürchtungen gegenstandslos sind.
TH: Der Handel ist ja sehr sensibel wenn von außen versucht wird, Einfluss auf sein Lieferprogramm zu nehmen. Otter gehört heute zu einer Gruppe, die von Kopf bis Fuß ein komplettes Programm anbietet. Glauben Sie nicht, dass es bei dieser Konstellation berechtigte Befürchtungen gab, Otter werde auf seine Handelspartner hinwirken, auch andere Produkte der Gruppe ins Sortiment aufzunehmen?
Lehnert-Bauckhage: Ich glaube nicht, dass sich die Händler solche Sorgen machen mussten. Im Gegenteil sorgt die Breite des Honeywell-Portfolios eher für Vorteile. Und natürlich gilt, jeder trifft seine Einkaufsentscheidung nach bestimmten Parametern. Aber wenn ich mir ansehe, wie sich die Endverbrauchermärkte entwickeln, genannt seien die Stichworte Systembelieferung, Rationalisierung und Effizienz, dann bietet unser Angebot dem Technischen Handel eine Chance, die Marktanforderungen gut abzubilden und gleichzeitig auf dem Feld der Lieferanten und Sortimente zu rationalisieren. Für mich ist dabei die Kommunikation entscheidend.
Auch intern haben wir in den letzten beiden Jahren die Möglichkeiten der Rationalisierung genutzt. In der Gruppe haben wir die Anzahl der eingesetzten PSA-Artikel von fast 9.000 auf unter 1.000 reduziert.
TH: Profitiert Otter auch technologisch von dem Verbund in dem man sich bewegt? Gibt es Synergien aus anderen Produktbereichen?
Lehnert-Bauckhage: Honeywell beschäftigt mehr als 22.000 Ingenieure im Konzern. Wir können heute also auf viel umfangreichere Ressourcen zurückgreifen. Bei unserer jüngsten Schuhentwicklung haben wir die Sohlentechnologie gemeinsam mit den Kollegen in Frankreich gemacht. Dabei dauerte die Entwicklung nur 1/5 der sonst üblichen Zeit. Trotzdem haben wir ein spezifisches Otter-Produkt entwickelt, dessen Eigenschaften auf unsere Zielmärkte zugeschnitten sind.
Wir haben durch unsere Kollegen bei Honeywell Safety Products ein enormes Potenzial an Verkäufern, das wir alleine mit unserer Marke Otter nie hätten erschließen können. Alle Marken im Verbund verfügen über exzellente regionale Erfahrungen, die jetzt mit zusätzlichen Produktangeboten vernetzt werden.
Bei einem Übergang von einer Organisation auf eine andere verändern sich Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Doch bei uns gilt überall, die Menschen stehen im Mittelpunkt. Hinzu kommt: Mit unserer „Culture of Safety“ rücken wir die Sicherheit in den Fokus. Die Sicherheitskultur von Honeywell umfasst dabei vier Dimensionen: Mitarbeiterführung, Ausrüstung, Ausbildung und Analyse. Dieses komplexe Herangehen zeigt, wie ernsthaft das Thema der Sicherheit für Honeywell ist.
Sehr wichtig ist uns auch, keine Entwicklung anzustoßen, für die nicht vorher ein Gespräch mit den Kunden geführt wurde. Die so genannte VOC, „Voice of the Customer“, sagt uns am besten, welche Probleme und Risiken es an den spezifischen Einsatzorten zu lösen gilt. Das ist der zentrale Punkt bei der Produktentwicklung.
TH: Wie sieht Ihr Resümee nach den zwei Jahren seit der Übernahme durch Honeywell für Otter aus?
Lehnert-Bauckhage: Wir sind noch nicht am Ende des Prozesses. Aber ich denke, das Verständnis im Markt, was hinter Honeywell und der Einbindung der einzelnen Marken steckt, wird immer besser. Das passiert nicht von heute auf morgen. Selbstverständlich kann man viele Statements abgeben, gemessen wird man an den Ergebnissen in der Praxis. Und dabei sind wir auf einem sehr guten Weg.
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