EU-Lieferkettengesetz: Droht eine Verschärfung auf nationalerEbene

Der BGA berichtet über das kommende EU-Lieferkettengesetz und bewertet den EU-Richtlinienentwurf kritisch. Es wird erwartet, dass das europäische Gesetzgebungsverfahren circa ein bis zwei Jahre dauern wird. Daraufhin ist die Umsetzungszeit von zwei bzw. vier Jahren vorgesehen, sodass ab 2026 bzw. 2028 mit einer verpflichtenden europäischen Sorgfaltspflicht zu rechnen ist.

Bildquelle: distelAPPArath / Pixabay

Der EU-Richtlinienentwurf zielt nicht nur auf die Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage ab, sondern geht auch auf Umwelt- und Klimarechte ein. Der Entwurf der Europäischen Kommission umfasst darüber hinaus mehr Unternehmen und weitere Teile der Lieferkette als das deutsche Gesetz: Alle Unternehmen mit Sitz innerhalb der Europäischen Union (EU) und mit durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmern sowie einem Jahresumsatz von über 150 Mio. EUR fallen in den Anwendungsbereich des EU-Richtlinienentwurfs. Außerdem betroffen sind mittelständische Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. EUR, sofern mindestens 50 % dieses Nettoumsatzes in einem oder mehreren Risikosektoren erwirtschaftet wurde.

Großhandel explizit genannt

Der Großhandel wird in der Definition der Risikosektoren explizit genannt, u.a. Großhandel mit Textilien, landwirtschaftlichen Rohstoffen und mineralischen Grundstoffen. Während das deutsche Gesetz nur den unmittelbaren Geschäftspartner umfasst (mittelbar nur dann, wenn Hinweise auf Verstöße vorliegen), umfasst der EU-Richtlinienentwurf die gesamte Wertschöpfungskette. Das bedeutet, dass sowohl aufwärts auf allen Ebenen der Zulieferer als auch abwärts auf allen Ebenen der Kunden und Verwerter verschiedene Sorgfaltspflichten gelten. Die EU-Richtlinie soll auch für Unternehmen des Finanzsektors gelten. Die einzige Einschränkung ist, dass es sich um „etablierte“ Geschäftsbeziehungen handeln muss. Eine weitere Verschärfung ist, dass der EU-Richtlinienentwurf eine fast uneingeschränkte Beschwerdemöglichkeit durch Dritte sowie die zivilrechtliche Haftung bei Verstößen vorsieht.

Kleine und mittlere Unternehmen zu wenig geschützt

Für den BGA sind Menschenrechte ein unverhandelbares Gut und müssen überall und jederzeit eingehalten werden. Auch der Schutz von Umwelt und Klima haben höchste Priorität. Dennoch ist der BGA der Ansicht, dass der Vorschlag zur europäischen Regulierung von Lieferketten in mehrfacher Hinsicht zu weit geht und europäische Unternehmen massiv zu überfordern droht. Die Bezugnahme auf die gesamte Wertschöpfungskette würde zu unkontrollierbaren Verpflichtungen sowie Risiken führen und ist nicht nachvollziehbar. Obwohl kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht direkt in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, ist davon auszugehen, dass die Verantwortung entlang der Lieferkette weitergegeben wird. „Die in der Richtlinie vorgesehenen Unterstützungsmaßnahmen für KMU sind nicht ausreichend, um diese zu entlasten“, heißt es in einer Mitteilung des BGA. „Auch besteht die Gefahr, dass Unternehmen erwägen könnten, Lieferketten zu verkürzen, sich aus Regionen mit hochproblematischer Menschenrechtslage zurückzuziehen und Geschäftstätigkeiten einzustellen, um ihr eigenes Risiko zu minimieren, gegen das Gesetz zu verstoßen. Dies würde insbesondere in den Ländern des globalen Südens den Menschen vor Ort ihre Lebensgrundlage entziehen.“

info@bga.de, T +49 30 5900995-0, www.bga.de

Hersteller zu diesem Thema

 


 

Sie wollen TH Technischer Handel abonnieren?

Abonnieren Sie die digitale Ausgabe einschl. eines gedruckten Exemplars!

Weitere Pluspunkte: Sie können TH Technischer Handel auf dem PC, dem Tablet und dem Smartphone lesen und Artikel in den Ausgaben ab Juni 2016 nachschlagen. Und es dürfen vier Kollegen mitlesen.

Erstmal testen? Hier können Sie ein Probeabo bestellen.

Das könnte Sie auch interessieren