EMI: Rückschlag für deutsche Industrie im Februar

Das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland hat im Februar einen Schritt zurückgemacht. Denn sowohl Produktion als auch Auftragseingänge schrumpften wieder deutlicher, wie aus den jüngsten Daten zum HCOB Einkaufsmanagerindex (EMI) hervorgeht.

Die anhaltende Nachfrageflaute ist nach wie vor der größte Bremsklotz für die Industrie (Bildquelle: Thomas Reimer / stock.adobe.com)

Der von S&P Global erhobene EMI gab erstmals seit sieben Monaten wieder nach, teilte der US-amerikanische Finanzdienstleister weiter mit. Nach dem 11-Monatshoch im Vormonat (45,5) fiel der EMI auf 42,5 Punkte, was hauptsächlich den stärkeren Einbußen bei Fertigung, Neuaufträgen und Beschäftigung geschuldet war. „Die massive Nachfrageflaute bremste die deutsche Industrie auch im Februar aus. Damit schwindet die Hoffnung auf eine baldige Trendwende“, betonte BME-Bundesvorstandsvorsitzende Gundula Ullah. 

„Die Stimmung in Deutschland ist überall schlecht und nun macht auch der EMI wieder schlapp. Es scheint in Deutschland gar nichts mehr gelingen zu wollen“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Trotzdem gebe es Licht am Ende des Tunnels: Die Inflation gehe weiter zurück und die Weltwirtschaft erhole sich. Irgendwann werde der Exportmultiplikator anspringen und der Konsum aufgrund steigender verfügbarer Einkommen Momentum zeigen. „Ich hoffe, dass bis dahin nicht die Idee von konjunkturellen Maßnahmen Oberhand gewinnt. Denn diese brauchen wir nicht. Es ist allerhöchste Zeit für strukturelle Reformen und eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Rahmenbedingungen müssen verbessert und der Interventionismus gestoppt werden“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.

„Derzeit werden Konjunkturprognosen für Deutschland nach unten revidiert, es wird gestreikt, die Politik scheint die wirtschaftspolitischen Herausforderungen nicht anzugehen und geopolitisch brennt es an vielen Ecken auf der Welt. Unternehmen und Haushalte sind frustriert und verunsichert. Deutschland ist weiter in der Stagnation gefangen“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, dem BME.

„Die Aussichten in der Industrie sind bei vielen Unternehmen von großer Sorge getragen. Derzeit weisen fast alle Indikatoren bestenfalls auf Stillstand hin. Es fehlt ein echter Lichtblick. Ein schwacher Hoffnungsschimmer ist die Weltkonjunktur; diese läuft besser als befürchtet. Zudem geht aktuell auch die Inflation weiter zurück. Wenn dieser erfreuliche Abwärtstrend bei der Inflationsrate anhält, ist langfristig auch eine Lockerung der Geldpolitik möglich. Allerderdings löst das noch nicht die zahlreichen strukturellen Probleme der Industrieunternehmen, wie hohe Kostenbelastung, Fachkräftemangel und überbordende Bürokratie. Hier ist die Bundesregierung gefordert, endlich die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen“, teilte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen dem BME mit.

Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dennis Rheinsberg, Direktor – Energy & Industrials der IKB Deutsche Industriebank AG, dem BME folgende Einschätzung: „Die börsennotierten Rohstoffe tendierten im Monatsmittel Februar weiter überwiegend seitwärts oder leicht rückläufig und begünstigten damit die Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise. Lediglich Rohöl zog leicht an. Entlastend für viele Industrieunternehmen wirkt der Rückgang der Strom- und Gaspreise, die sich auf dem niedrigsten Niveau seit knapp drei Jahren bewegen. Insgesamt kommen von der Nachfrageseite aktuell zu wenig Impulse für eine Trendumkehr bei den Einkaufspreisen.“

Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick

Produktion: Im Februar ging die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe deutlich zurück. Dies signalisiert der saisonbereinigte Teilindex, der nach einem 8-Monatshoch im Januar wieder tiefer in den roten Bereich abrutschte und auf den niedrigsten Stand seit letztem Oktober sank. Die Fertigung schrumpfte in allen drei erfassten Teilbereichen, angeführt von signifikanten Einbußen im Investitionsgüterbereich.

Auftragseingang: Die anhaltende Nachfrageflaute ist nach wie vor der größte Bremsklotz für die Industrie. So nahmen die Auftragseingänge im Berichtsmonat bereits zum 23. Mal in Folge ab. Darüber hinaus fiel das Minus größer aus als zuletzt und so kräftig wie seit Januar nicht mehr. Viele Umfrageteilnehmer berichteten von rückläufigen Umsatzzahlen im In- und Ausland, was unter anderem der Zurückhaltung der Kunden, Tendenzen zum Lagerabbau sowie den vielerorts klammen Kassen zugeschrieben wurde. 

Auftragseingang Export: Im Export sanken die Neuaufträge ebenfalls deutlich, allerdings nahezu unverändert gegenüber Januar und weniger stark als beim Gesamt-Auftragseingang. Hersteller, die ein rückläufiges Auslandsgeschäft meldeten, machten dafür meist die schwächelnden europäischen Märkte verantwortlich, allen voran Italien und die Niederlande. 

Geschäftsaussichten: Die Geschäftsaussichten im Verarbeitenden Gewerbe haben sich im Februar spürbar eingetrübt. Der zweite Rückgang hintereinander ließ den entsprechenden Teilindex zum ersten Mal seit November 2023 wieder unter die Schwelle von 50 Punkten absacken. Zahlreiche Umfrageteilnehmer zeigten sich besorgt hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklungen im Inland sowie weltweit. Die anhaltende Unsicherheit in Verbindung mit der vielerorts angespannten Finanzsituation dürfte sowohl die Nachfrage als auch zukünftige Investitionen (einschließlich der Bautätigkeit) weiter belasten. 

Beschäftigung: Mitte des ersten Quartals nahm der Job-Abbau in der Industrie Fahrt auf. Demnach schrumpfte die Beschäftigung so deutlich wie seit August 2020 nicht mehr, wofür hauptsächlich die niedrige Auslastung bei vielen Herstellern verantwortlich war. Den EMI-Umfrageteilnehmern zufolge wurden befristete Verträge nicht verlängert, offene Stellen unbesetzt gelassen und Entlassungen ausgesprochen. In allen drei Teilbereichen gab es Rückgänge, angeführt vom Investitionsgütersektor. 

Einkaufspreise: Der saisonbereinigte Teilindex notierte zum wiederholten Mal deutlich unter der Referenzlinie von 50 Punkten und signalisierte damit fallende Preise für Produktionsmaterialien. Einmal mehr war die anhaltend rückläufige Nachfrage der Hauptgrund dafür, dass Rohstoffe wie Stahl billiger waren und Zulieferer Nachlässe gewährten. Allerdings schwächte sich die Deflationsrate ab; sie fiel so geringfügig aus wie seit fast einem Jahr nicht mehr. Denn einige Unternehmen verzeichneten infolge der Zwischenfälle im Roten Meer einen Anstieg ihrer Transportkosten. 

Verkaufspreise: Entgegen der Entwicklung bei den Kosten verbilligten sich die Verkaufspreise stärker als zuletzt – und das bereits den zweiten Monat in Folge. Der teils erbitterte Wettbewerb um Neuaufträge führte dazu, dass Hersteller Rabatte gewährten und niedrigere Einkaufspreise an ihre Kunden weiterreichten. Die Verkaufspreise sanken in allen drei erfassten Hauptbereichen der Industrie, wobei die Absenkung im Vorleistungsgüterbereich erneut am deutlichsten war.

info@bme.de, T +49 69 30838-0, www.bme.de/emi

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